Port Ellen

Port Ellen 23 Jahre Signatory Vintage Selection, 07.09.1978/26.07.2002, Cask No. 5350, 247 Flaschen, 55,8%:

Ursprünglicher Kaufpreis: ca. 120€
Derzeitiger Wert: ca. 280€
Bewertung (Verkostungsdatum): 86 Punkte (15.03.2008)

Nase: Ein feines, ausgefeiltes Konstrukt der verschiedensten Geschmacksfäden, stimmig und aufwendig miteinander zu einem Islay-typischen Kunstwerk verwoben: deutliche medizinische und metallische Noten, leichter Rauch, Salz, getrocknete Schalentiere sowie Jod sorgen für Kraft und Robustheit, Anissamen, grüne Zweige, frisches Laub und Kräuter für Elastizität. Für ein wenig Farbe und einen Hauch Süße sind insbesondere Calvados bzw. Äpfel, aber auch Birnen, grüner Tee und Getreide zuständig.
Geschmack: Wie wenn ein kräftiger Boxer, seine Faust mit einem sehr dicken, weichen Wattebausch umhüllt, zuschlagen würde. Die volle Wucht aus Karbol, Jod, Mullbinden, Salz, Fischernetzen, Meeresgischt, Rauch, gestochenes Torf und abgebrannten Feuerwerkskörpern wird abgebremst und bis sie dann trifft, kann sich der Gaumen schon vorbereiten und einstimmen. So vermag man all diese so selten zu findende schwefelige, torfige, salzige Pracht besser aufzunehmen und genießen, dafür aber geht ein wenig Authentizität und Robustheit verloren.
Diese Abfüllung bleibt auch im Abgang weiterhin eher kräftig, wenn auch weich, wird später ein wenig süßlich; ganz gegen Ende zu moosig, nach stehendem Wasser, erdig und metallisch.


Port Ellen 23 Jahre Wilson & Morgan 1979/2003, 46%:

Ursprünglicher Kaufpreis: ca. 130€
Derzeitiger Wert: ca. 180€
Bewertung (Verkostungsdatum): 86 Punkte (17.03.2007 + 30.11.2007)

Nase: Rein, klar, Frische versprühend: vor allem Limonen, Gurke und Getreidenoten; dazu sind vor allem salzige sowie zart rauchige als auch Toffee-Noten eingebunden. Unter dieser ersten Schicht brodelt und köchelt es aber gewaltig: Je tiefer man hineinriecht und je intensiver man sich beschäftigt, desto dominierender sind Salzigkeit, Torf und Rauch. Daneben komplettieren schwere Fruchtnoten, wie Johannesbeere, Brombeere und Rumpflaume das Bild.

Ich wage einen Vergleich zu einem schnittigen, sportlichen Luxusboot: zieht gleich mächtig und kräftig torfig, rauchig weg und bietet eine tolle Komposition an Islay-Noten: Salzigkeit, Seetang, Algen, Torf, Rauch, Schwarzpulver, Moorpackung erreichen Einem in einem ersten Schwall. Gleich hinter sich zieht er in seinem langen Fahrtwasser süßliche Noten, wie Honig, Toffee, Melange, sowie Gräser und frische Kräuter – da wird er aber schon mild und weich, gezähmt. Die Ausläufer seiner geschlagenen Wellen verwöhnen noch lange den Gaumen. Ganz gegen dem Ende zu wird er trocken und leicht brackig.

Diese Charakteristik führt gerade Anfangs zu besonders großem Entzücken, hat aber auch gewisse Schwächen: so bietet dieser Malt keine üppige Schwere, gewaltiges Volumen, endlose Tiefe und Mächtigkeit. Er ist nun einfach kein Ozeandampfer, sondern ein Sportboot. Tolle Charakteristik, viel Abwechslung, langer Abgang, aber kein Schiff in dessen unergründlichen tiefen Bauch der Geschmacksvielfalt man sich verlieren könnte. Der wirklich lange Abgang zeigt noch einmal die Power, die in diesem Whisky stecken. Schade, dass er nicht beides vereinigen kann.


Port Ellen Elements of Islay Pe1, 58,7%:

Ursprünglicher Kaufpreis: ca. 149€
Derzeitiger Wert: ca. 300€
Bewertung (Verkostungsdatum): 93 Punkte (21.09.2012 + 06.10.2012)

In der Nase verblüffend verhalten, eingedenk der Tatsache, dass diese Abfüllung kräftig an der Volumsprozentschwelle von 60% anklopft. Sein Potential schlummert sinnbildlich unter einer dicken Wolldecke aus Seetang, Pulverschmauch, Ölzeug und viel dunkler herber Schokolade. Dahinter verstecken sich Kandiszucker, Erdnussbutter, getrocknete Orangen, Mandel, Marzipan und ein Spur von Aromen, die an Calvados erinnern. Der Rauchgehalt ist auffällig niedrig; es dominieren Frucht- und schwere üppige süße Noten.

Sein Potential ist wahrlich groß, gewaltig möchte ich fast sagen, und dabei stapelt dieser Port Ellen von seiner Aufmachung her ziemlich tief: kein reifes Alter schmückt das Label, darüber hält er sich bedeckt, genauso hinsichtlich der verwendeten Fässer. Pures Understatement, denn schon beim ersten Schluck lüftet er die Decke und dann wird man hin und weg sein: Voller Körper, der nur so vor Kraft strotz und es dabei aufgrund der guten Alkoholeinbindung gleichzeitig nicht nur schafft, geschmeidig und elegant zu sein, sondern auch noch mit einer unglaublichen Dichte und Komplexität zu punkten weiß. Zwar findet sich keine Angabe über die Art des Fasses, doch legt eine angenehme und kräftige Süße nach Rosinen, Datteln, Feigen Schokolade und Kaffee, die letztendlich erfolgreich den Islay-Charakter im Zaum hält nahe, dass es sich hierbei um ein vorzügliches Sherry-Fass handeln muss. Doch auch die Islay-Gene machen sich in Form von Tabak, Rauch und Salz deutlich bemerkbar. Diese unterschiedlichen Noten verstricken sich nicht etwa einem mächtigen Kampf untereinander, sondern bestreiten Schulter an Schulter eine mächtige Schlacht epischen Ausmaßes am Gaumen; bunt und vielschichtig. Ein Hochhaus voller Facettenfenster; ständig öffnen und schließen sich neue Fenster (von denen immer mehrere gleichzeitig offen stehen): Einmal vermeint man eine dicke Kubanische Zigarre mit feinen Rauch- und Torfaromen wahrzunehmen, dann wieder schlägt es ihm auf die pflanzliche Seite nach Moos, geschnittenen Zweigen und Kräutern, gleich um wieder von sherrygetünchtem Fudge und später von Zitrusaromen abgelöst zu werden, und es gibt noch viel mehr Fenster zu entdecken.

Der Abgang ist elendslang und betörend; malzig, nussig, nicht - wie so oft der Fall - trocken und brackig, sondern bis zum Ende weich, ja fast süßlich. Ein Wechselspiel verschiedenster Aromen halten einem bis zum Schluss im Bann. Ein ganz großartiger Port Ellen, der absolut keine Wünsche offen lässt, außer den großen Schmerz den man empfindet, wenn die Flasche bereits nach einem ½ getrunkenen Liter zu Ende ist.


Port Ellen 8th Release 29 Jahre OA 1978/2008, 6.618 Flaschen, 55,3%:

Ursprünglicher Kaufpreis: ca. 220€
Derzeitiger Wert: ca. 550€
Bewertung (Verkostungsdatum): 88 Punkte (10.07.2012 + 06.10.2012)

Man kann sich die Nase sinnbildlich am besten vielleicht folgendermaßen vorstellen: In einem Gefäß aus Salzigkeit, zartem Rauch und kräftigem Kalk sowie Kreide tost ein kalter Sturm an Passionsfrucht, Pfirsich und Fruchtgelee; dazwischen immer wieder Böen von Getreide, Blockmalz und erfrischenden Zitrusnoten.

War der Geruch von seiner Entfaltung und Intensität her noch an die Dimensionen eines mittelgroßen Gefäßes gebunden, so ist diese sehr gelungene Abfüllung am Gaumen zum Springbrunnen selbigen Charakters geworden: noch intensiver, noch charakterstärker, noch komplexer. Drei kräftige Strahlen sind es, die diesen Port Ellen ausmachen und ihm seine ganz persönliche Note verleihen, jeder von ganz unterschiedlichem Charakter; am Schluss vereinigen sie sich und fließen im Brunnenbecken zusammen um ein homogenes Ganzes zu bilden. Einen Strahl bildet starke Salzigkeit, Seetang, Torf und dezenter Rauch, aufgepeppt durch eine Brise weißen Pfeffer, einen weiteren Strahl bildet Kalk, der ein metallisches Flair bringt, und der dritte Stahl bildet Süße (insbesondere Pfirsich, Marshmellows und Fruchtgelee sind darunter auszumachen), der dieser Abfüllung als zusätzliches Fundament dient und erst den Zauber bringt. Mit zunehmender Entwicklung auch Lebenszeichen von polierter Eiche, Lakritze, abgelegenem Heu und heißem Apfel.

Im mittellangen Abgang scheint ihm ein wenig die Luft auszugehen und lässt nach; blechern, eher trocken und fahl; die Süße hat sich gänzlich zurückgezogen; es dominieren Holzaromen, leichte Gerbstoffe, Nussschalen, trockenes Gras, dazu weiter leichter Torf und Salz. 

Diese Abfüllung ist sicherlich nicht der ganze große Wurf, wenn auch grundsolide und interessant. Es gibt noch kräftigere, noch facettenreichere und charakterreichere; von den durchwegs hervorragenden Originalabfüllungen ist die 8th-Release nicht das stärkste Glied in der Kette.